Ich bin Niederrhein (7) Von Michael Elsing
Eins kann ich Ihnen schon mal vorab „verklickern": die niederrheinische Sprache wird auch im siebten Teil meiner kleinen Serie für viele Menschen ein ewiges Rätsel bleiben. Und wenn ich ehrlich bin, auch ich stoße „ab und an" bei der Entschlüsselung an meine Grenzen.
Warum, frage ich mich seit geraumer Zeit, wird das gesundheitsbedingte Fernbleiben vom Arbeitsplatz, als „krank feiern" bezeichnet? Wie muss ich mir so etwas vorstellen? Der lädierte Arbeitnehmer lädt „Jan und alle Mann" zu sich nach Hause ein, um seine angeschlagene Gesundheit kräftig zu feiern, während seine Arbeitskollegen nicht wissen, wie sie alles geschafft kriegen sollen. Das darf doch wohl nicht wahr sein, oder? Ein weiteres Mysterium ist die Aufforderung: „Komm, geh mir weg!" Ja, was denn nun: Kommen oder gehen? Die Antwort: Keines von Beiden. Der auf diese Weise Angesprochene soll - in den meisten Fällen - einfach aufhören, solch einen Blödsinn zu reden. Ja, ja, es ist halt nicht so einfach, die niederrheinische Sprache auseinander zu „klamüsern".
Ein amüsantes Kapitel ist und bleibt auch der unverhältnismäßig häufige Einsatz einiger Verben. Konzentrieren wir uns heute auf das Tuwort „kriegen", wobei wir die letzten vier Buchstaben streichen und durch ein „ch" ersetzen. Beim Bäcker lautet unsere Bestellung folglich: „Ich krich ein Graubrot." Sollte ich zehn Graubrote bestelle, „krich ich den Hals nicht voll genug". Bekomme ich das Graubrot geschenkt, „krich ich mich nicht mehr ein". Und falls das Graubrot fünf Euro kostet, „krich ich zuviel". Manchmal sind wir in Verben so sehr verliebt, dass wir die dazugehörigen Personal-Pronomen gleich weglassen. Schöne Grüße in diesem Zusammenhang von „meinse”, „glaubse", „kannse” und „machse".
Ein weiteres Steckenpferd des Niederrheiners sind Worterfindungen, die Menschen nur schwer zu vermitteln sind, wenn sie nicht aus dieser Region stammen. Eine besondere Fertigkeit des Niederrheiners ist es beispielsweise, etwas „ütte Lamäng" zu beherrschen. Viele Exemplare unserer Spezies reihen da ein Talent an das andere. Ob „Lari" und „Fari" die asiatischen Erfinder von „Larifari" sind, ist nicht überliefert. Fakt ist, dass wir mit diesem Begriff ein nachlässiges Verhalten verbinden.
Zum Abschluss noch ein Tipp für vorwiegend ältere Herrschaften: Wenn Sie künftig einer jungen Mutter mit ihrem Kinderwagen begegnen, schauen sie ruhig in selbigen hinein. Aber sagen Sie auf keinen Fall: „Boah, wat für‘n Woppert! Oder, noch schlimmer: „Wat für‘n Kafenzmann!" Keine Mutter mag so etwas. Versuchen sie es stattdessen mit „Ströppken" oder „Dröppken" Das kommt besser an. Glöv me!
Quelle: Rheinische Post vom 06.03.2009