Störche sind so früh wie noch nie zurück

Die ersten Exemplare der Zugvögel sind aus ihren Winterquartieren an den Niederrhein zurückgekehrt und haben ihre Horste schon besetzt. Eine Erklärung könnte laut Experten der Klimawandel sein.

VON DIETER DORMANN UND FRITZ SCHUBERT

Dieser Storch sitzt auf der Nisthilfe in Till und ist schon Mitte Februar aus seinem Winterquartier an den Niederrhein zurückgekehrt. Foto: Robert Lörcks

Niederrhein Frühmorgens ist es derzeit noch bitter-kalt. Die Feuchtigkeit auf den Gräsern der Wiesen ist gefroren, Autofahrer müssen Eis von den Scheiben kratzen, an manchen Stellen ist es gefährlich glatt. Noch ist es in der Früh winterlich.

Doch es gibt Anzeichen für den nahenden Frühling. Nicht nur Schneeglöckchen blühen und Krokusse sprießen. Auch erste Weißstörche sind bereits an den Niederrhein zurückgekehrt. Zwei bis vier Wochen früher als die Vögel das in den Jahren zuvor getan haben.

Einer der ersten, aus seinem Winterquartier ins Kleverland zurückkommenden Störche besetzte an den Karnevalstagen die Nisthilfe in Till. Robert Lörcks hat den Vogel dort fotografiert. „Das habe ich noch nicht erlebt, dass die Störche schon Mitte Februar wieder hier sind“, berichtet er - immerhin nisten die Vögel seit 2006 im Ort.

Auch anderswo sind die Zugvögel bereits wieder zurück. Hans Gerd Kersten aus Kranenburg von der Arbeitsgemeinschaft Weißstorch in NRW berichtet, derzeit gingen nahezu täglich neue Rückkehr-Meldungen bei ihm ein. Im Kreis Wesel hat Hans Glader von der Biologischen Station die mächtigen Vögel besonders im Blick. Rechtsrheinisch sind in Bislich, wo sieben Nester im Angebot sind, derzeit zwei Paare aktiv. Und zwar am Forellenstübchen und auf der Kirchenwoy. In der Dingdener Heide im Grenzgebiet zum Kreis Borken ist ein Storchenpaar gar nicht weg gewesen, sondern gleich über Winter am Ort geblieben. Auf der linksrheinisch bei Xanten gelegenen Bislicher Insel, wo im vergangenen Jahr vier Paare brüteten, ist am Donnerstag laut Glader auch schon ein Storch gesichtet worden. Der Mann, der mit Christian Behrens das zum Schmunzeln anregende Buch „Adebar ist wieder da“ herausgebracht hat, glaubt, dass in den nächsten Tagen noch etliche Vögel mehr den Niederrhein ansteuern werden. Erste Heimkehrer sind ebenso in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen Anfang Februar gesichtet worden.

Dass die Störche in diesem Jahr früher als je zuvor wieder am Niederrhein eintreffen, bestätigen Andreas Barkow von der Nabu-Naturschutzstation in Kranenburg und Mareike Büdding vom Naturschutzzentrum des Kreises Kleve in Rees. „Normalerweise kommen sie erst Anfang oder Mitte März zurück“, sagen sie. Über die Gründe des veränderten Verhaltens können auch die Fachleute nur spekulieren. Der Klimawandel kann nach Ansicht von Kersten Wirkung auf das Zugverhalten haben. Büdding und Barkow vermuten zudem, dass es sich um Störche handelt, die nicht bis nach (Süd)Afrika, sondern lediglich nach Südeuropa zum Überwintern geflogen und deshalb nun schon wieder eingetroffen seien. Außerdem verzichteten nach milden Wintern immer mehr Vögel auf den Flug in ein warmes Quartier. Neben der Witterung spielt das vorhandene Nahrungsangebot eine Rolle. „Und das ist beispielsweise in der Düffel-Niederung in diesem Winter gut gewesen: Es gab und gibt dort viele Maulwürfe und Mäuse, die Störche nun mal gerne fressen“, sagt Barkow.

Normalerweise beginnt die Brutzeit im April. Die Brutdauer beträgt etwa 30 Tage. Erst neun Wochen nach dem Schlüpfen werden die Jungvögel flügge. Bis dahin ist die Gefahr groß, dass sie bei Kälte oder feuchter Witterung nicht überleben.
Der Frühling ist nicht nur die Zeit der Rückkehr der Störche an den Niederrhein. Zugleich ist es die Zeit, in der die sibirischen Wildgänse in ihre Sommer-Quartiere zurückfliegen. Aber wie mancher Storch, so bleibt auch manche Wildgans ganzjährig am Niederrhein.

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