Kindersegen bei Störchen in NRW

260 Brutpaare zogen dieses Jahr insgesamt 470 Jungvögel auf – 105 mehr als 2015. Ein Schwerpunkt ist der Niederrhein. Biologen vermuten, dass einige Tiere gefüttert werden

Von Holger Dumke BS Kreis Kleve

Meister Adebar gehört am Niederrhein dazu: Ein Weißstorch auf einer Weide bei Emmerich.  

Am Niederrhein. Rückblende: 1991 staksten gerade einmal noch drei Weißstorch-Paare durch Wiesen wie Tümpel in Nordrhein-Westfalen und brüteten – lange her. Der Bestand von Meister Adebar hat sich wunderbar erholt. Biologen zählten in diesem Jahr 260 Brutpaare, 40 mehr als im Vorjahr. Die Storcheneltern zogen 470 Jungvögel auf, 105 mehr als im Vorjahr und so viele wie lange nicht mehr.

Der Niederrhein gilt, neben dem Kreis Minden-Lübbecke, als Storchen-Schwerpunkt in NRW. Meister Adebar liebt die weiten Weiden und Wiesen. Auch hier gab es wieder Zuwächse. 2017 meinte es das Wetter gut mit dem Storchennachwuchs. Das Nahrungsangebot stimmte, meistens jedenfalls.

Im Kreis Kleve sind in diesem Jahr 53 Jungstörche ausgeflogen. Im Kreis Wesel hatte man im Spätfrühling 42 Jungtiere gezählt (die aber wohl nicht alle überlebt haben). Trotzdem gilt: „Die Erfolgsgeschichte der Weißstörche am Niederrhein wird fortgeschrieben“, meint Thomas Traill von der Biologischen Station im Kreis Wesel. Auf der Bislicher Insel gab es erstmals eine Brutkolonie mit sechs Paaren. Immer wieder gebe es am Niederrhein Storchenzuzug aus anderen Landesteilen, etwa dem Münsterland, oder auch aus den Niederlanden. Die von Fachleuten angebrachten Ringe verraten die Herkunft.

Viele Störche ziehen im Winternicht mehr bis nach Afrika

Als Ursache für die allgemein positive Entwicklung des Storchenbestands in NRW gilt die Verbesserung der Lebensräume – andererseits haben Störche auch ihren Speiseplan erweitert. Sie lassen nicht nur Frösche in ihrem langen Schnabel verschwinden, sondern auch Mäuse, Regenwürmer, Vogelküken und Insekten. Aber der Tisch ist auch am Niederrhein nicht ohne Ende gedeckt. Bettina Blöß von der Biologischen Station Kreis Kleve glaubt, dass allzu große Zuwächse bei der Storchenpopulation am Niederrhein nicht mehr möglich sind – eigentlich.

„Die Vermutung liegt nahe, dass einige Tiere gefüttert werden“, sagt die Biologin. Das sei nicht gut, weil es die Bestände unnatürlich hoch halte. Bei den Menschen steht Meister Adebar hoch im Kurs: „Störche werden hier sehr positiv wahrgenommen“, sagt Blöß.

Längst gibt es Störche dort, wo man sie vielleicht nicht unbedingt vermutet. „Am Stadtrand von Duisburg brüten Vögel“, berichtet der Ornithologe des Landesumweltamtes Michael Jöbges, der die Störche in NRW zusammen mit den Biologischen Stationen sowie anderen Fachleuten und Ehrenamtlichen erfasst. Alleine 45 Storchenpaare zählt die Stadt Münster – die meisten haben ihr Quartier im Allwetterzoo, wo sie aber als Wildtiere leben und nicht gefüttert werden.

Viele der hiesigen Störche ziehen im Winter nicht mehr bis nach Afrika. Einigen reicht die Reise nach Spanien: „Dort finden sie auf Müllkippen Futter“, berichtet Bettina Blöß. Wieder andere bleiben einfach hier. Wieviele es im ganzen Kreisgebiet sind, fällt Blöß schwer zu schätzen. Die Überwinterung am Niederrhein hat für die Störche den Vorteil, dass sie sich im Frühjahr nicht sorgen müssen, dass Rivalen zwischenzeitlich ihren Nistplatz besetzt haben.

Die Überwinterung in hiesigen Breiten kann auch eine Folge von menschlicher Fütterung sein, wie Blöß sagt. Und sie ist nicht ohne Risiko: „Es kann ja immer sein, dass es doch nochmal einen Winter mit langem und knackigem Frost gibt, dann aber haben die Störche hier ein echtes Problem...“ 

Gestatten, das ist der scheue Vetter vom Weißstorch

Der Weißstorch hat einen scheuen Verwandten – und auch der lebt in Nordrhein-Westfalen: Experten gehen hier von 100 bis 120 Schwarzstorch-Brutpaaren aus. Die Zahl ist derzeit stabil. „Bis vor einigen Jahren hatten wir mehr Schwarzstörche als Weißstörche. Das ist jetzt andersrum“, sagt Michael Jöbges vom Landesumweltamt (Lanuv).

Schwarzstörche leben versteckt in Wäldern. In NRW sind sie in den Mittelgebirgen zu Hause. Vorkommen in der Tiefebene sind nicht bekannt. „Aber zur Zugzeit im September kann man Schwarzstörche auch am Niederrhein sehen, etwa an der Bislicher Insel“, so Jöbges.

Die metallisch glänzenden Schwarzstörche sind mit einer Größe von 100 cm etwas kleiner als ihre weißen Vettern. Anders als diese gehen sie auch gern in Fließgewässer, jagen Fische. dum

 

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