Lärmschutzwall kommt, Müll bleibt
Berichte der RP und NRZ zu den Probebohrungen am geplanten neuen Sportplatz.
Bislich: Lärmschutzwall kommt, Müll bleibt
RP-Bericht vom 07.03.2013 von Fritz Schubert
Behörden und Nachbar Brüggert nehmen Proben von Bislicher Kippe. Auf Ergebnisse wird gewartet. Verwaltung will nun doch Lärmschutz.
Detlef Brüggert ist in den vergangenen Tagen vielfach vorgeworfen worden, er habe nur deshalb das Thema Giftmüll in Bislich aufgebracht, um doch den einst für den neuen Sportplatz vorgesehenen Lärmschutzwall zu bekommen. Dass dieser nun doch wieder kommen soll, beruhigte ihn gestern keineswegs. "Der Giftmüll ist ja trotzdem noch da", sagte Brüggert bei der angekündigten Probebohrung am Feldwicker Weg, der derzeit Schauplatz ist für mehrere Themen:
Sportplatzbau
Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und Erster Beigeordneter Dirk Haarmann überbrachten mit Wirtschaftsförderer Johannes Opgen-Rhein gestern Mittag die Kunde vom Lärmschutzwall. Dessen Wiederaufnahme in die Planung will die Verwaltung nun dem Rat vorschlagen. Wann es mit dem Sportplatz losgehen kann, hängt von Untersuchungen ab, für die gestern Proben entnommen wurden.
Grabung
Baggerfahrer René Wardthuysen aus Emmerich braucht die Schaufel kaum in die Erde zu senken, um ersten Müll ans Licht zu holen. Kreis und Stadt hatten die Aktion abgestimmt und folgten Hinweisen von Anwohnern, an fünf Stellen zu graben. Für Markus Fischer (Kreis) gab es "das erwartete Ergebnis: Hausmüll, wie in den 60er Jahren üblich". Brüggert indes hält die Zusammensetzung für bedenklich. Er hat einen eigenen Experten eingeschaltet, weil er den Behörden nicht traut.
Der Kreis nahm vom Ausgehobenen Proben und vom Grundwasser bei Nachbarn. Anfang der kommenden Woche soll es Ergebnisse geben. "Mehrere Wochen", so Dr. Walther Enßlin (Hilden) könne es dauern, bis seine Proben untersucht sind. Er bedauert wie sein Auftraggeber Brügger, dass die Löcher gestern wieder mit dem Ausgehobenen verfüllt wurden, und will die Gesetzeslage prüfen. Laut Fischer ist die Verfüllung in Ordnung, weil die Kippe seinerzeit legal war und das heutige Gesetz in dem Fall nicht greift. Wäre auf Anhieb etwas nicht okay gewesen, hätten die Löcher offenbleiben und gesichert werden müssen. Die Zaunelemente waren schon da, konnten aber wieder zurückgeschickt werden.
Funde
Gestern leicht zu identifizieren: Bauschutt, Glas, Keramik, Dosen, Reifen, Kanister und viel Plastik. Zudem ölhaltige Erde und als Besonderheit eine blaue Maggi-Flasche (siehe Info).
Rätsel Maggi-Flasche Heute ungiftig, aber ein Hinweis auf Zyanid Blau - "Interessant" fand Dr. Walther Enßlin den Fund einer Maggi-Flasche, die von einer blauen Kruste überzogen ist. Für ihn chemisch klar "die Endstufe von Zyankali und heute ungiftig, aber ein Hinweis, dass da Zyanid war". Das sei normalerweise in Kokereien und Galvanik-Betrieben angefallen oder in Asche von Hausmüll.
Kritik
Anwohner Brüggert beklagt, dass auf dem benachbarten Ascheplatz, der ebenfalls Teil der ehemaligen Müllkippe ist, vor einiger Zeit nicht an einer bestimmten Stelle gesucht worden ist. Um ein ganzes Ölfasslager dort nachzuweisen, möchte er eine Rammkernsondierung. Die Stadt lehnt dies ab.
Proben
Entscheidend ist, was die Untersuchung der Boden- und Wasserproben ergibt. Vor allem, da sind sich Gottfried Brandenburg (Stadt), Markus Fischer (Kreis) und Brüggerts Experte Dr. Walther Enßlin einig, geht es ums Grundwasser.
Jede Menge Müll ausgegraben
NRZ-Bericht vom 07.03.2013 von Joachim Freund und Gabi Schultze
Einige warteten schon gespannt, als am Mittwochmorgen der Bagger anrückte. Er sollte einer Frage auf den Grund gehen, die nicht nur die Bislicher beschäftigt:
Liegt giftiger und gesundheitsschädigender Müll unter dem Gelände am Feldwicker Weg, auf dem der neue Sportplatz entstehen soll?
Die Stadtverwaltung hatte reagiert, nachdem Anwohner Detlef Brüggert Anhaltspunkte dafür zusammengetragen hatte, dass auf der hier einst bestehenden Müllkippe entsprechende Stoffe abgelagert worden waren. Zeugen erinnerten sich (die NRZ berichtete).
Einige von ihnen waren am Mittwoch vor Ort. Gottfried Brandenburg von der Stadt ließ sich auf der Wiese neben dem Ascheplatz Stellen zeigen, an denen gebuddelt werden sollte. Mitarbeiter der Kreisverwaltung als zuständige Umweltbehörde entnahmen Boden- und bei zwei Anwohnern Wasserproben.
Die Aktion gestaltete sich schwierig, weil die Erinnerungen der Zeugen nicht so präzise waren, dass man punktgenau hätte suchen können. Auf fünf Stellen einigte man sich schließlich. Jede Menge Hausmüll förderte der Bagger zutage - alles, was in den 60er Jahren so abgekippt wurde: Steine, Balken, Flaschen, Plastikplanen. Brüggert sicherte sich einzelne zusammengedrückte Metallfässer, um sie nach restlichen Inhaltsstoffen zu untersuchen.
Heftige Diskussionen
Am Rande gab es teils heftige Diskussionen. Man dürfe doch keinen Sportplatz auf einer ehemaligen Deponie bauen, sagte einer der Zuschauer. Letztlich habe der Verein dem Standort nur zugestimmt, weil die Stadt ihm keine andere Wahl gelassen habe. Inzwischen wollten viele Bislicher nicht mehr, dass ihre Kinder hier Sport treiben.
„Wichtig ist, dass das Grundwasser nicht verschmutzt ist“, sagte Michael Fastring, Fachdienstleiter Umwelt beim Kreis. Er erwartet die Untersuchungsergebnisse in etwa einer Woche. „Vermutlich werden die Proben ähnlich ausfallen wie frühere Grundwasserproben hier“, sagte er. Es gebe im gesamten Gebiet einen hohen Eisenanteil im Wasser. Zudem sei eine leichte Nitratbelastung vorhanden. Die könne aber nicht vom Müll stammen. „Eine mögliche Ursache sind Düngemittel.“
„Kein Wunder, dass nichts gefunden wurde“, sagte Brüggert. „Dazu müsste man 15 Meter tief baggern und nicht nur vier Meter.“ In dieser Tiefe sollen unter anderem Fässer der Bundeswehr und gar zwei ganze Lkw vergraben sein. Sie sollen, wie einer wusste, direkt unter dem Sportplatz liegen. „Ihr sucht an einer ganz falschen Stelle“, kritisierte er. Neun Bohrungen hat die Kreisverwaltung auf dem Gelände durchführen lassen - „und damals auch ein bisschen Öl gefunden, das aber verschwiegen“, behauptet Brüggert.
Er hat sich seinen eigenen Gutachter besorgt: Dr. Walther Enßlin, Chemiker und Pädagoge aus Hilden, der mit Schülern „wilde Deponien aufgedeckt“ und unter anderem mit der Bürgerinitiative Eyller Berg zusammengearbeitet hat. Auch er nahm gestern Proben und fand gleich Öl („Das riecht man deutlich“) und Berliner Blau, ein Endprodukt von Zyanidabbau, durch Verbindung mit Eisen inzwischen ungiftig geworden. Das Grundwasser ändere seine Fließrichtung, sagte er, und breite sich im kieshaltigen Boden besonders gut aus. Konsequenz: „In allen Richtungen um die frühere Deponie müssten umfassende Untersuchungen gemacht werden“. Problematisch fand er, dass die ausgebaggerten Löcher wieder mit dem herausgeholten Erde-Müll-Gemisch gefüllt werden sollten.
„Der Sportplatz ist Geschichte“, verkündete Detlef Brüggert. Da nütze es auch nichts mehr, dass nun doch ein Lärmschutzwall gebaut werden soll, wie die Bürgermeisterin gestern vor Ort sagte. „Die Bislicher müssen wissen, was sie wollen“, so Brüggert: „Den Sportplatz oder Krebs.“