Rede des Fraktionsvorsitzenden Norbert Segerath

Der Heimat und Bürgerverein ist politisch neutral. Diese Rede ist aber so gut verfasst und nennt so viele Dinge richtig beim Namen, dass wir sie Ihnen nicht vorenthalten möchten.

Wir würden uns freuen, wenn auch andere Ratsmitglieder sich an dieser Stelle ebenso sachlich mit Ihrer Meinung zum Lehrschwimmbecken Bislich zu Wort melden würden.

Rede des Fraktionsvorsitzenden Norbert Segerath am 10.11.2015 im Rat zur Schließung des Bislichbades

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um die Äußerungen, die Ludger Hovest und zum Teil auch Jürgen Linz im Haupt- und Finanzausschuss weitgehend unwidersprochen gemacht haben, einer kritischen Würdigung zu unterziehen. Denn sie zeigen deutlich, dass der Beschluss zur Schließung des Bislichbades ohne genaue Kenntnis der Bedingungen und der Konsequenzen getroffen worden ist. Viele der Behauptungen, die in der Sitzung vollmundig vorgetragen wurden, halten einer Überprüfung auf Basis der Fakten nicht stand.

Schon der Vorwurf, dass sich die Fraktionen von WWW/ Piraten und DIE LINKE von ein paar aufgeregten Leserbriefen hätten zum Widerstand gegen die Schließung des Bislichbades aufstacheln lassen, ist eine unwahre und unfaire Unterstellung, die nicht den Tatsachen entspricht. Zum einen wird mit dieser Darstellung – höchstwahrscheinlich ganz bewusst – versucht, den Eindruck zu erwecken, dass sich ein paar unbedarfte Mitbürger ohne Sachkenntnis zu Wort gemeldet hätten. Das ist ein Affront gegen die Verfasser der Briefe, die als Schulleiter oder Vereinsmitglieder die konkrete Situation genau kennen und aufgrund ihrer Erfahrungen die zu erwartenden Folgen einer Schließung des Bislichbades gut abschätzen können. Welche andere Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen, hätten sie denn, wenn die Beschlussfassung ohne Einbeziehung des Fachausschusses, der Schulleitungen

und der betroffenen Vereine erfolgt ist?! Zum anderen unterstellt es den Fraktionen von WWW/ Piraten und DIE LINKE reinen Populismus. Der Fraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Wesel war schon zur Beschlussfassung im Mai diesen Jahres klar, dass einer Schließung des Bislichbades nicht zugestimmt werden kann. Auch wir hatten zu diesem Zeitpunkt kaum Fakten und Zahlen, sind aber vom Grundsatz her der Ansicht, dass soziale, schulische oder sportliche Standardsenkungen nicht weiter hinnehmbar sind. Zumindest in unserer Fraktion waren es die Belegungszahlen für beide Bäder, die erstmals im Schul- und Sportausschuss am 30. September orgelegt wurden, die uns die Gewissheit gebracht haben, dass eine Schließung des Bislichbades unverantwortlich ist und der entsprechende Ratsbeschluss zurückgenommen werden muss.

Übernahme durch einen Trägerverein

Das Angebot an die Vereine, das Bislichbad zu übernehmen, ist eine reines Scheinangebot, welches nur dazu dienen soll, dass sich die Politiker aus ihrer Verantwortung stehlen können. Zumindest Herrn Linz hätte spätestens nach der öffentlichen Fraktionssitzung der CDU klar sein müssen, dass es kein tragfähiges Konzept zum Betrieb des Bislichbades durch einen Trägerverein geben kann. Die Rahmenbedingungen der Bäder in der Umgebung, die durch Trägervereine betrieben werden, sind gänzlich andere und mit dem kleinen Bislichbad mit den kaum vorhandenen Kapazitäten, um zusätzliche Einnahmen zu generieren, nicht vergleichbar. Am Ende dieser Sitzung war vielen der anwesenden Mitglieder der Vereine klar, dass es mit dem Angebot zur Übernahme nur darum geht, ihnen die Verantwortung und letztlich den Schwarzen Peter zu zu schieben. Auch der für den letzten Haupt- und Finanzausschuss nachgeschobene gemeinsame Antrag von SPD und CDU und die Diskussion darüber machen diese Absicht klar. Während im Antrag von einem realistischen Zeitraster die Rede ist, betonte Ludger Hovest in der Sitzung ausdrücklich, dass sich am Termin für die Schließung Mitte 2016 nichts ändert.

Schwimmunterricht und Schwimmfähigkeit

Beim Wechsel von der Grund- auf die weiterführende Schule können derzeit in Wesel nur 45 % der Kinder schwimmen. In einer Umgebung mit derart vielen Wasserflächen ist das eine besorgniserregend niedrige Quote. Im letzten Schul- und Sportausschuss wurde von der Verwaltung erklärt, dass im Heubergbad nur die Umsetzung der Minimalanforderungen des Landes für den Schwimmunterricht an Grundschulen realisiert werden könne. Das wäre faktisch eine erhebliche Reduzierung des bisherigen Unterrichts. In der Sitzung des Haupt und Finanzausschuss betonte Herr Hovest mehrmals den absoluten Vorrang des

Schwimmunterrichts auch nach einer eventuellen Schließung des Bislichbades. Aber um den bisherigen Umfang weiterhin zu gewährleisten, müssten die Zeiten für die Vereine und die Öffentlichkeit drastisch reduziert werden. Eigentlich sind im Gegensatz dazu dringend Anstrengungen durch die Stadt nötig, um die Schwimmfähigkeit der Kinder zu erhöhen – ein Ziel, dass auch die SPD im letzten Haupt- und Finanzausschuss gefordert hat.

Keine Kostenersparnis für die Stadt

Den Vereinen wurde vorgeworfen, dass sie nicht in der Lage seien, für die Übernahme und den Betrieb des Bislichbades eine tragfähige Kalkulation zu erstellen. Wir haben uns die Mühe gemacht, nachzurechnen, in welchem finanziellen Rahmen wir uns hier eigentlich bewegen. Herr Hovest hat darauf hingewiesen, dass bei den Vereinen keine sogenannten Overheadkosten anfallen. Richtig! Aber durch die Abgabe oder Schließung des Bislichbades werden sich die Kosten für den Aufsichtsrat, den Vorstand und die Geschäftsführung der Bädergesellschaft nicht verringern, sondern in vollem Umfang bestehen bleiben. Es tritt also hier kein Spareffekt für die Stadt ein. Dieser Posten erklärt wahrscheinlich auch die Differenz

von 40.000 Euro zwischen der Kalkulation der Bädergesellschaft und der Vereine. Wenn man die von der Stadt für die Schulen und die Volkshochschulkurse genutzten Bäderzeiten hochrechnet und mit dem vergünstigten Eintrittsgeld für Jugendliche berechnet, müsste die Stadt für diese Leistung statt 90.000 Euro im Jahr 180.000 bis 200.000 Euro an die Bädergesellschaft abführen. Es ist davon auszugehen, dass die Eintrittspreise für Erwachsene den tatsächlichen Kosten näher kommen. Wenn die Stadt einem externen Träger des Bislichbades für die Nutzung durch die Schulen und die VHS diese Preise zahlen müsste, ist dafür mit mindestens 80.000 Euro zu rechnen. Zuzüglich der weiterhin fälligen Overheadkosten der Bädergesellschaft in Höhe von 40.000 Euro überschreitet dies den bisherigen Verlust eindeutig.

Einnahmeverluste im Heubergbad

Da aber die Übernahme des Bades durch einen Trägerverein nicht ernsthaft gewollt ist, läuft alles auf eine Schließung hinaus. Eine Aufrechterhaltung des Schwimmunterrichts im Heubergbad im bisherigen Umfang würde erhebliche Einnahmeausfälle für die Bädergesellschaft nach sich ziehen, weil für die Nutzung des Bades durch Vereine oder die zahlende Bevölkerung nur noch stark verminderte Zeiten zur Verfügung stünden. Hinzu kommt der erhebliche Mehraufwand, der bei der anstehenden Renovierung des Bades durch Verlagerung des chwimmunterrichts in Bäder in Nachbargemeinden entstünde.

Badeaufsicht am Auesee

Der Vorstand der DLRG sieht die Grundlagen für die erfolgreiche Arbeit seines Vereins bei Schließung des Bislichbades gefährdet. Damit ist auch die von der DLRG geleistete Badeaufsicht am Auesee in Frage gestellt. Wenn die Stadt zukünftig diese Aufsicht mit eigenem Personal sicherstellen muss, würde auch dies Kosten verursachen, die den bisherigen Aufwand für das Bislichbad sicherlich bei weitem übersteigen.

Fazit

Wir haben uns hier darauf konzentriert, deutlich zu machen, dass auch unter dem

Gesichtspunkt der Haushaltskonsolidierung der Schließungsbeschluss für das Bislichbad keinen Sinn ergibt. Die wichtige Rolle, die das Bad für die Vereine und die Dorfgemeinschaft in Bislich spielt, haben die Betroffenen schon eindringlich zum Ausdruck gebracht. Zumindest bei uns sind sie damit auf offene Ohren gestoßen.

Liebe Ratskolleginnen und -kollegen, überdenken Sie bitte noch einmal sorgfältig, welche dieser Fakten und möglichen Folgen einer Schließung Ihnen bei der Beschlussfassung im Mai bekannt waren. Hätten Sie mit dem heutigen Wissensstand damals genauso entschieden? Auf einem Beschluss zu beharren, den man einmal getroffen hat, ist einfach. Aber ist das auch immer richtig? Es ist keine Schande, dazu zu lernen.

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