Storchennachwuchs ist in Topform
Die Trockenheit schadet den Vögeln offenbar nicht. In Bislich haben alle Jungvögel von ihren Eltern genug Nahrung bekommen, so dass es bald gen Süden gehen kann
Von Petra Herzog Foto Johannes Kruck
Sieht doch schon sehr gut aus: Der Storchennachwuchs im Nest an der Bislicher Kirchenwoy übt fliegen.
Kreis Wesel. Es waren zuletzt keine Störche, um die sich Hans Glader gekümmert hat. Auf der griechischen Insel Lesbos versuchte er während seines Urlaubs frühmorgens beispielsweise den Bienenfresser vor die Linse seiner Kamera zu bekommen. Der bunt gefiederte Vogel ist sehr schön anzusehen, wie ein Foto beweist. Doch auch die Störche in seiner Heimat hat der Fachmann und Mitbegründer der Stiftung Störche NRW während dieser Zeit nicht aus den Augen verloren. Einer seiner Kollegen hielt ihn stets auf dem Laufenden, teilte ihm mit, dass der Nachwuchs in den vielen niederrheinischen Nestern mit der extremen Trockenheit dieses Sommers gut zurechtkommt.
Gleich nach seiner Rückkehr machte sich der ehemalige Mitarbeiter der Biologischen Station im Kreis Wesel dann auf den Weg und fuhr die Nester ab. Der Eindruck seines Mitstreiters bestätigte sich. In den vier Bislicher Brutstellen sind alle Jungstörche in einem Topzustand, freut sich Glader. Vier im Nest an der Kirchenwoy, drei am Forellenstübchen, zwei beim Hellenhof und zwei am Ronduit - nur ein Storchenbaby wurde diesmal aus dem Nest geworfen, weil es offenbar zu schwach war und von den Eltern nicht ernährt werden konnte. Anders im alten Nest in der Dingdener Heide, wo die Wasserbüffel ihren Platz haben. Hier sind von den fünf geschlüpften Störchen noch vier da, in einem weiteren Nest in der Heide ist eins von zwei Jungtieren übrig geblieben. Am Dingdener Dorfrand wiederum haben alle vier Jungtiere überlebt, in Ringenberg alle drei.
Hans Glader freut sich über den Bruterfolg, der zudem in Anholt, Vehlingen, Bocholt und Haldern zu verbuchen ist. Auch wenn durch die Trockenheit keine Regenwürmer mehr zu finden sind, Mäuse, Maulwürfe, Heuschrecken und anderes Getier gibt es reichlich, um den Nachwuchs satt zu machen. Zahlreiche Mauselöcher in den gemähten Wiesen zeigen, dass 2018 nicht nur ein warmes Jahr, sondern auch ein Mäusejahr ist. Auch Fische in den immer mehr austrocknenden Blänken sind ein gefundenes Fressen, das die Storcheneltern ihren Kindern kredenzen. Denn ab einem gewissen Alter wird von weicher auf härtere Nahrung umgestellt, weiß der gebürtige Kärntner.
Dabei haben die Storcheneltern von morgens bis abends reichlich zu tun, so viel, dass nicht mehr - wie sonst üblich - ein Alttier die Jungen bewacht. Denn nun müssen Vater und Mutter richtig ran, um die 1700 Gramm Nahrung für jedes ihrer Kinder zusammenzubekommen. Schließlich haben die beiden auch Hunger, wobei sie sich mit jeweils etwa 700 Gramm am Tag begnügen. „Die haben jetzt richtig Stress“, sagt Glader, der schon die ersten Flügelschläge des Nachwuchses beobachtet hat. Sie trainieren für ihre bevorstehenden Flüge die Muskeln, und das bis zu einem Meter über dem Nest.
Spätestens Anfang August dürften dann alle Jungstörche flügge sein und gen Süden steuern, um im Frühjahr hoffentlich wieder sicher bei uns am Niederrhein zu landen...