EU-Naturprojekt Nebenrinne fließt nicht

Die Bislicher Nebenrinne hakt an Vertragsverhandlungen, wird geteilt und geht erneut in die Planfeststellung. Die Entfesselung kanalisierter Gewässer und die naturnahe Entwicklung von Flussauen sind langwierige Prozesse.

VON FRITZ SCHUBERT

Auch wenn heute versucht wird, so viele unterschiedliche Interessen wie möglich unter einen Hut zu bringen, so sind es meist eher rechtliche als wirtschaftliche oder technische Probleme, die Projekte auf der Stelle treten lassen. Ein Beispiel ist die sogenannte Bislicher Nebenrinne, die laut ursprünglichen Plänen in diesem Jahr fertig sein sollte. Getan hat sich nichts. Im Gegenteil. Da man nun in Teilabschnitten zum Erfolg kommen will, sind neue Planfeststellungsverfahren nötig. Dabei liegen, von der EU mitfanziert, bereits Millionen bereit.

Ziel ist es, bei Bislich zwischen dem Fährkopf und der Suhrborg-Verladestation ständig durchströmte Nebenrinne zu schaffen. Ohne Wellenschlag durch Schiffsverkehr soll sie Fischarten wie Steinbeißer, Maifisch, Nordseeschnäpel und Groppe Laichplätze bieten. Außerdem soll das Gebiet für Rotschenkel, Uferschnepfe, Löffelente, Zwergtaucher und arktische Gänse bessere Bedingungen bieten. Parallel sollen besagter Kies-Hafen und die Landwirtschaft in Betrieb bleiben können. Dem Hochwasserschutz käme es zudem entgegen, wenn Querriegel im Vorland entfielen.

Unter Federführung der Nabu-Naturschutzstation Kranenburg wurde das Projekt im Interreg IIIb-Programm (2003-2008) als eins von 14 Modellvorhaben entwickelt. Ursprünglich sollten 2,6 Millionen Euro aufgebracht werden. Die Hälfte von der EU, ein erheblicher Betrag auch vom Land sowie weitere Mittel von Partnern wie dem Kreis Wesel, der Uni Köln und Stiftungen. Vor einem Jahr wurde mit 3,2 Millionen Euro gerechnet, wobei das Land die Mehrkosten trägt.

Im Planfeststellungsverfahren legte ein Eigentümer sein Veto ein, weil ihm der Kranenburger Nabu als Verhandlungspartner nicht genehm ist. Die Vorbehalte haben offenbar damit zu tun, dass im Raum Kleve Konflikte zwischen Nabu und Eigentümern öfter die Gerichte beschäftigen. Jonas Linke von der Nabu-Naturschutzstation bestätigte, das sich das Problem „aufgrund von persönlichen Missstimmungen gegenüber der Projektleitung“ leider nicht habe auflösen lassen. Daher plane man nun mit einer „schmaleren Variante“ bei Erhalt der Fördermittel. Das Land wolle auf jeden Fall das Gesamtprojekt.

Mit dem Kreis, der Biostation oder der Bezirksregierung als Träger des Projektes würde der Eigentümer nach RP-Informationen wohl eher zur Einigung kommen. Das hat im vergangenen Jahr dazu geführt, dass das Projekt in Abstimmung mit der EU geteilt wurde. Abschnitt eins umfasst nun Flächen von der Zufahrt am Fährkopf bis zum Melkstalldamm, Abschnitt zwei reicht von diesem bis zur Ausfahrt des Kies-Hafens. Dieser soll, so Klaus Kretschmer von der Biologischen Station, zu einem späteren Zeitpunkt unter anderer Trägerschaft entwickelt werden, was den Verhandlungen mit dem Eigentümer eine positivere Basis geben würde.

Zu Abschnitt eins, der nun bis 2018 fertig werden soll, musste eine neue Planung gemacht werden und ein neues Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Laut Bezirksregierung Düsseldorf läuft dieses noch. Kretschmer geht zuversichtlich davon aus, dass es unproblematisch ist, weil beispielsweise die Eigentumsfragen geklärt seien.

Wie vielseitig das Vorhaben verzahnt ist, zeigt unter anderem die Neugestaltung des Bislicher Fährkopfes samt Bau der neuen Dauerliegestelle für die „Keer tröch II“ in der aus Kiesgruben entstandenen Nebenrinne. Denn für die Fähre wurde zunächst eine Sandbank in der Zufahrt entfernt. Dies kommt der angestrebten Durchströmung der parallel zum Rhein liegenden Senke zugute. Das erste wichtige Bauvorhaben wird eine Einlaufschwelle mit Drossel sein, um den Zufluss regeln zu können. Sie wird auf eine Kapazität von zwei Meter Wasser pro Sekunde ausgelegt. Außerdem soll am Melkstalldamm, der schon einen kleinen Durchlass hat, dieser ausgebaut werden. Die Nato-Straße soll zurückgebaut werden.

Auch kleine Erweiterungen des Kies-Hafens stehen Naturschutz nicht im Wege. Den Ersatz für die Eingriffe in die Landschaft kann die Holemans-Gruppe an Ort und Stelle passend leisten, braucht außerdem dereinst die Hafeneinfahrt nicht wieder zu verschließen, weil die Durchströmung des Geländes ja gerade gewünscht ist. Inklusive der bereitstehenden Mittel und der Bereicherung für die Natur gäbe es also allerlei Vorteile. Wenn denn alle Beteiligten gewillt sind.

Die Nebenrinne reicht vom Bislicher Fährkopf (unten) bis zum Kies-Hafen der Holemans-Gruppe (oben). Copyright Geobasisdaten Land NRW, Bonn

 

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